Quo vadis, Maschinenführer?

Sokraphia
3 min readOct 29, 2020

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Überspitzt formuliert müsste man sagen: in Pension.

Vereinfacht gesagt liegt die Stärke von Industrieunternehmen in der Herstellung von Produkten in höchster Qualität. In einer zunehmend digitalen Welt wird oft vergessen, dass auch automatisierte Produktionsprozesse von Menschen mit viel Wissen gesteuert und kontrolliert werden. Mit diesem Wissen können die Rohmaterialien im Detail geprüft, Probleme bei Maschinen oder Werkzeugen rasch behoben und die Qualität des Fertigprodukts sichergestellt werden. Um all diese Fähigkeiten zu besitzen, müssen Techniker_Innen im Normalfall lange im selben Betrieb tätig sein.

Genau dieser Aspekt wird derzeit in Österreich zu wenig diskutiert. Denn der klassische Maschinenführer ist selten geworden. Die Generation der Babyboomer geht bald oder ist bereits in Pension. Diese Generation ist aber mitunter die letzte, die zum großen Teil langfristig im selben Betrieb gearbeitet hat. Die Gründe dafür mögen im Privaten (flexiblere Lebensumstände), im steuerlichen Anreiz (Stichwort Abfertigung Neu) oder auch in den rascher wechselnden technischen Anforderungen an die Mitarbeiter_Innen liegen.

Es liegt nun an uns Unternehmern Anreize zu setzen, um diesen Tendenzen entgegenzuwirken. Wir sehen erstens die Teilhabe an der Substanz des Unternehmens, zweitens die stete Investition in die Fortbildung sowie drittens langfristige Karrieren für Frauen in Industrieunternehmen als Schlüssel zum Erfolg. Von einigen Unternehmen wird das bereits vorgemacht. Im klassischen Mittelstand wird es aber teils noch zu wenig gelebt.

1. Mitarbeiterbeteiligung
Die Teilhabe am Unternehmen kann durch verschiedene Konstrukte wie zum Beispiel Schattenanteile ermöglicht werden. Dadurch können Arbeitnehmer_Innen an Dividenden oder im Falle eines Unternehmensverkaufs auch einen unternehmerischen Lohn erwirtschaften. Diese Anteile können auf einfache Weise so gestaltet sein, dass eine langfristige Bindung ans Unternehmen überproportional belohnt wird. Essenziell für diesen Weg ist aber, dass der Eigentümer des Unternehmens bereit ist, Führungskräfte und Mitarbeiter_Innen als Partner zu sehen. Das bedeutet nicht weniger, als eine Kultur der gemeinsamen Unternehmenssteuerung zu schaffen und Verantwortung auf verschiedenen Ebenen zu verteilen. Unternehmer_Innen sind damit im positivsten Sinne in erster Linie Gesellschafter. Dazu gehören die Entwicklung und Umsetzung einer langfristigen Unternehmensstrategie, die Kapitalplanung und -allokation, die Mitarbeiterführung sowie die Betreuung und Akquise von wichtigen Kunden.

2. Fortbildung
Die Investition in Mitarbeiter_Innen wiederum bietet diesen Abwechslung und die Möglichkeit sich innerhalb des Unternehmens weiterzuentwickeln. Diese Maßnahme adressiert die Bedürfnisse vieler junger Menschen, flexibler und abwechslungsreicher zu leben. Zusätzlich ist es ein wahrscheinliches Szenario, dass von Unternehmen künftig mehr Teile der staatlichen Aufgaben übernommen werden. Das wird von klassischer technischer Ausbildung über Sprachkurse bis zur Bereitstellung von Dienstwohnungen auch in der privaten Industrie an Bedeutung gewinnen. Die eingeschränkten Budgetmittel des Staates sind in unseren Annahmen der Haupttreiber für diese Entwicklung.

3. Familiengerechte Karrierewege
Speziell in Österreich ist der Anteil an Frauen in technischen Berufen zu gering. Hier liegt jedoch großes Potenzial, langfristige Bindungen ans Unternehmen zu fördern. Dazu müssen wir eine Einbindung des Lebensweges in den Karrierepfad ermöglichen. Das bedeutet, dass es während einer jahrzehntelangen Laufbahn auch Karenz- und Kinderbetreuungszeiten geben darf ohne an Bedeutung im Unternehmen zu verlieren. Wichtig ist spezifische Kurse beim Wiedereinstieg anzubieten, um zwischenzeitliche technologische Weiterentwicklungen aufzuholen. Weiters gilt, tatsächliche Rücksicht auf etwaige Einschränkungen wie Pflegeurlaube zu nehmen ohne die fachliche Kompetenz dadurch zu untergraben und damit Führungspositionen ausgeglichener zu verteilen. Gerade in Produktionsbetrieben gilt es, ein frauengerechteres Umfeld zu schaffen — was bis zur Anpassung der Bebilderung in Pausenräumen oder Produktionshallen reichen sollte.

Konklusion:

Österreich kann auch in Zukunft ein Land mit innovativer und hochtechnologischer Industrie sein. Dafür unerlässlich ist, dass wir Mitarbeiter_Innen einen langfristigen, ertragreichen sowie abwechslungsreichen Berufsweg innerhalb des Unternehmens im Einklang mit der Familienplanung bieten und sie als wahrhaftige Partner sehen.

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